Wildschwein Pulled Pork

Ich liebe Wild. Wild ist nicht nur sehr lecker und geschmacksintensiv, man kann sich auch sicher sein, dass es auf jeden Fall artgerecht gelebt hat. Das sowie nette Gesellschaft und viel tatkräftige Unterstützung habe ich mir zum Anlass genommen, ein grandioses Wildschwein Pulled Pork zu fabrizieren. Und das alles in für Pulled Pork Verhältnisse schlanken 5 Stunden, so geht’s:

Zubereitungszeit: 5 h

davon aktive Zeit: 1,5 h

Schwierigkeitsgrad: 4 von 5


Dieses Wildschwein Pulled Pork ist an dem Wochenende entstanden, an dem ein Freund zum Grillkurs / Grilltest / gemütlichem Beisammensein geladen hat. Zu diesem Zweck kam es nun zu drei Gerichten: einem US-T-Bone Steak mit Grillspargel, 3-2-1 Ribs und diesem Pulled Pork vom Wildschwein. All das wurde auf dem Grillchef Gasgrillwagen (den Test gibt’s hier) zubereitet. Wundert euch daher nicht, dass der Grill auf den Fotos anders aussieht als gewöhnlich.

Ein kleiner Hinweis

Wenn ihr Wildschweingerichte zubereitet, achtet bitte darauf, dass ihr eine Kerntemperatur > 65 °C wählt, da dann eventuell vorhandene Trichine im Fleisch abgetötet werden (Quelle: Bundesamt für Risikobewertung BfR). Es ist aber ohnehin fraglich, ob ihr Wildschwein überhaupt mit wesentlich weniger als 65 °C Kerntemperatur essen wollt. Für das Pulled Pork ist das dagegen überhaupt kein Problem, da die angestrebte Kerntemperatur bei > 92 °C liegt. Herzlichen Dank an den Gastgeber für die Unterstützung bei diesem „offiziellen Teil“.

Zum Fleisch

Für Pulled Pork ist grundsätzlich jedes etwas durchwachsene Fleisch geeignet, vornehmlich werden die Stücke Schulter, Nacken (auch Halsgrat) und Keule verwendet. Für das Pulled Pork hatten wir das Vergnügen mit den ersten zwei Genannten. Das Tier war ein Überläufer (Jägersprache für Schwarzwild im zweiten Lebensjahr), daher sind die Stücke kleiner als beim üblichen Hausschwein: der Nacken hatte ca. 1200 g, die Schulter ca. 1300 g, jeweils mit Knochen.

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Vorweg zur Zubereitung

Da Wildschweinfleisch deutlich weniger Fett enthält als das vom Hausschwein, kann es bei der Zubereitung (insbesondere über einen so langen Zeitraum) viel Wasser verlieren und trocken werden. Daher habe ich mich hier für die Texas-Style Methode entschieden. Bei dieser Methode wird das Fleisch erst über einen Zeitraum geräuchert und anschließend Luftdicht in Alufolie o. ä. eingepackt. Somit sinkt die Garzeit rapide und es gibt praktisch keinen Flüssigkeitsverlust. Eine ausführliche Beschreibung mit Hintergründen findet ihr in meinem Beitrag über das Pulled Pork Texas Style.

Die Beilagen

Um das Wildschwein standesgemäß in Szene zu setzen, haben wir uns vom klassischen Pulled Pork Burger (mit Cole Slaw und Burger Bun) inspirieren lassen, dem Ganzen jedoch einen etwas rustikaleren, wilderen Touch verpasst. Will heißen als Beilage gab es selbstgebackene Roggensemmeln, Blaukraut und gegrillte Zuckerschoten (Olivenöl, Salz und Pfeffer dran und ab in den Gemüsekorb).

Ich persönlich bin kein großer Fan, alles auf einem Burger oder Sandwich zu essen, da so keine der einzelnen Zutaten wirklich zur Geltung kommt. Daher seht ihr das Pulled Pork nebst aller Beilagen auf dem Teller angerichtet. Wenn ihr das ganze lieber als Burger essen wollt, so sei es 😉


Zutaten für 4 Personen

  • Wildschweinfleisch (z. B. Nacken oder Schulter)
  • Gewürzmischung nach Wahl (in meinem Fall Magic Dust von Klaus grillt)
  • Dunkles Bier und/oder Cola zum Dämpfen
  • Räucherchips (hier: Eichenholz)

Benötigtes Zubehör

  • Kerntemperaturthermometer
  • Räucherbox
  • Edelstahlschale
  • Alufolie

Beilagen

Setup

Der Grill wird auf 110 °C indirekte Hitze zum smoken (heißräuchern) vorbereitet. Ich stelle hierfür den rechten Brenner auf etwa ¼ und platziere die Räucherbox auf dem darüber liegenden Verdampferblech.

Setup_Smoken_110°C
Grillsetup-Schema für Smoken bei 110 °C

Vorbereitung

Regelt den Grill wie im Setup beschrieben ein. Falls noch nicht geschehen, legt das Fleisch in eine Schale, gebt die Gewürzmischung darüber und drückt sie an. Keine Angst, ihr könnt das Pulled Pork nicht überwürzen, wenn kein Gewürz mehr am Fleisch haftet, ist es genug.

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Würzen des Fleisches

Räuchern

Sobald aus der Räucherbox erste Rauchschwaden aufsteigen, wird das Fleisch in den indirekten Bereich gelegt. Wenn ihr mit dem Kohlegrill grillt, gebt jetzt eine große Hand Räucherchips in die Kohlen. Schließt den Deckel und smoket das Fleisch bei ca. 110 °C für 3 Stunden. Je nach Geschmack, könnt ihr nachdem das Holz in Rauch aufgegangen ist nochmal Räucherchips nachlegen.

In der Zwischenzeit könnt ihr z. B. die Semmeln (Beispielrezepte für Schnell-mal-Bäcker und Fortgeschrittene) zubereiten. Wir haben mit einem anderen Rezept hantiert, welches komplett daneben war, konnten das Ganze aber mit viel Einsatz zu einem brauchbaren Abschluss bringen. Kein weiterer Kommentar dazu 😉

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Räuchern mit Eichenholz bei 110 °C

Dämpfen

Nach 3 Stunden nehmt ihr das Fleisch vom Grill, legt es in die Edelstahlschale und gießt die Flüssigkeit dazu. Wir haben uns für eine Mischung aus ca. ¼ l dunkles Bier und ¼ l Cola entschieden. Den Grill regelt ihr derweil auf 160 – 180 °C ein.

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Bier und Cola werden zum Dämpfen zugegeben

Nehmt dann einen Bogen Alufolie, etwas mehr als doppelt so lang wie die Edelstahlschale und faltet sie einmal, sodass das Stück etwas größer ist als die Schale. Wenn ihr eine größere Schale verwendet, müsst ihr evtl. zwei Bögen Alufolie zusammenfalzen.

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Umschlagen der Alufolie um die Ränder der Schale

Dann stecht ihr den Temperaturfühler eures Kerntemperaturthermometers (hier: Maverick ET-733) möglichst mittig in das größere Stück, also den Nacken. Nicht zu nah am Knochen, nicht zu nah am Rand. Der Knochen leitet die Wärme sehr gut, darum gart das Fleisch direkt am Knochen schneller.

Drückt die Alufolie anschließend unter den Rand der Schale, achtet darauf, dass kein Spalt bleibt und das Paket danach möglichst Luftdicht ist. Das Kabel des Temperaturfühlers führt ihr einfach – ohne es zu knicken – aus der Schale heraus und drückt die Alufolie drumherum.

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Wildschwein Pulled Pork Paket fertig zum Dämpfen

Nun heißt es nur noch warten, bis das Thermometer die gewünschte Kerntemperatur von 94 °C anzeigt. Diese kann auch bei 92 oder 96 °C liegen, das ist gar nicht so wichtig.

In der Zwischenzeit könnt ihr das Blaukraut (Beispielrezept) zubereiten. Ich habe in namhaften Geschichtsbüchern gelesen, dass hierfür auch schon fertiges Blaukraut aus der Dose verwendet wurde, erzählt es aber niemandem.

Et voilà, ca. 1,5 Stunden später waren bei uns dann 94 °C erreicht. Nehmt die Schale vom Grill, öffnet vorsichtig mit einem Handschuh oder eurer Zange eine Ecke der Alufolie (Achtung: der Dampf ist heiß!) und lasst das Fleisch noch eine halbe bis eine Stunde ruhen. Dies dient dazu, dass das Fleisch etwas abkühlt. Ist es zu heiß, ist der Saft sehr dünnflüssig, läuft hemmungslos heraus und das Fleisch kann trotz der ganzen Flüssigkeit trocken werden. Ist es etwas kühler, wird es so wunderbar weich und saftig, wie ihr es haben wollt.

In dieser Zeit könnt ihr die Zuckerschoten waschen, grob kleinschneiden und mit Öl, Salz und Pfeffer würzen. Sie brauchen etwa 10 min im Gemüsekorb auf dem Grill oder in der Pfanne. Ihr könnt sie z. B. während des Pullens auflegen.


Pullen

Nehmt nach der Ruhephase die Alufolie von der Schale, stecht mit Gabeln (oder auch Meat Claws, Fleischgabeln etc.) in dxas Fleisch und zerrupft (pullt) es so lange, bis es die von euch gewünschte Struktur hat. In unserem Fall hat das tadellos funktioniert, das Fleisch der Schulter ließ sich an einem Stück vom Schulterblatt und den weiteren Knochen lösen und dann ohne großen Kraftaufwand zerfasern, genial. Wenn ihr nicht jedes Fitzelchen Fleisch vom Knochen abbekommt, meldet sich bestimmt einer der Gäste (oder ihr selbst) freiwillig, sich dem anzunehmen.


Fazit

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte:

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Fertig gepulltes Wildschwein…

Viel Erklärung für gar nicht so viel Arbeit und das Ergebnis ist der Wahnsinn. Weich und extrem saftig kommt es daher. Mit feinem Raucharoma und einem göttlichen Wildgeschmack gemsicht mit allem, was BBQ großartig macht. Wenn ihr an Wildschwein herankommt ist das vielleicht eine der besten Arten, es zuzubereiten.

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… und auf dem Teller angerichtet

Herzlichen Dank nochmal an den Gastgeber für die Ausrichtung und die Beistellung des Fleisches!

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