Wildschweinschinken #2: Heißgeräucherter Wildschwein-Nussschinken

Vielleicht habt ihr den Beitrag über den kaltgeräucherten Wildschwein-Nussschinken gesehen. Doch ein Wildschwein hat zwei Nüsse und ich habe die Gelegenheit ergriffen, zwei nahezu identische Fleischstücke unterschiedlich zuzubereiten. Wie der heißgeräucherte Wildschwein-Nussschinken gemacht wird und wie er schmeckt, könnt ihr hier nachlesen. Los geht’s!

Zubereitungszeit gesamt: ca. 2 Wochen
Zubereitungszeit am Räuchertag: ca. 4 h
Schwierigkeitsgrad: 3 von 5


Diejenigen unter euch, die meinen Beitrag zum Wildschwein Pulled Pork gelesen haben, die haben vielleicht bemerkt, dass ich Wildschwein und auch Wild im Allgemeinen besonders gern habe, aus geschmacklichen wie auch aus ethischen Gründen. Aber nun zu unserem heißgeräuchertern Nussschinken vom Wildschwein. Solltet ihr euch wundern, warum am Ende nur noch eine Wildschweinnuss zu sehen ist: die andere Nuss habe ich kalt geräuchert, den Beitrag hierzu gibt es nachgelagert.

Wildschwein als Schinken? Geht denn das?

Gegenfrage: Warum sollte es nicht gehen? Pökelsalz und Zucker sorgen schließliich wie bei jedem anderen Schinken für die Haltbarkeit (mehr dazu könnt ihr in meinem PÖKELMANIFEST nachlesen). Geschmacklich erwarte ich mir im Vergleich zu Schinken vom Hausschwein mehr Tiefe und den typischen, ein wenig an Leber erinnernden Wildgeschmack.

Zum Fleisch

Für heißgeräucherten Schinken kann praktisch jeder Fleischzuschnitt verwendet werden, da das Fleisch durch das Pökeln mürbe wird. Wir verwenden hier eine Wildschweinnuss (je nach Region auch Kugel oder Blume genannt). Die Nuss wird aus der Keule geschnitten und ist recht mager. Sie besteht aus drei Muskeln, flache Nuss, runde Nuss und Nussdeckel, die jeweils durch Bindegewebe getrennt sind. Wie gut der Schinken daraus wird, werden wir sehen. Ihr dürft gespannt sein.

Wildschweinnüsse abgewaschen und trockengetupft

Die Zubereitung heißgeräucherten Schinkens ist im Prinzip immer die gleiche, Pökeln, Wässern und ab in den Smoker oder Grill mit Heißrauch. Solltet ihr daher Parallelen zwischen diesem Beitrag und meinen Beiträgen New York Style Pastrami und Heißgeräucherter Kräuterschinken finden, dürft ihr diese sehr gern behalten 😉

Der Wildschweinnussschinken nimmt in der Zubereitung etwas Zeit in Anspruch, wenngleich der größte Teil davon lediglich Warten ist. Dieses Rezept ist in zwei Schritte unterteilt: Pökeln und Wässern und Räuchern.  Beide Schritte sind als einzelnes kleines Rezept mit Zutatenliste und Beschreibung der Zubereitung aufgebaut.

Bevor das Fleisch heißgeräuchert werden kann, muss es gepökeln werden. Hierzu kann ich euch mein PÖKELMANIFEST wärmstens empfehlen. Bevor ihr anfangt, sucht euch einen Räuchertag aus, an dem ihr Zeit habt und rechnet die Pökelzeit zurück. So erhaltet ihr den Tag, an dem ihr mit der Zubereitung anfangen müsst. Eine „Faustformel“ hierzu ist:

Pökelzeit: cm Fleischdicke in Tagen + 1-3 Tage Sicherheit

Das benötigte Zubehör nehme ich vorweg:

Benötigtes Zubehör

  • Mörser und Stößel
  • Vakuumiergerät und passende Folienbeutel
  • eine große Schüssel
  • evtl. eine Räucherbox
  • evtl. eine Wasserschale für den Grill
  • evtl. eine Edelstahl-Form mit Rosteinsatz

Schritt 1: Pökeln

Um Geschmack und Haltbarkeit des Schinkens herzustellen muss er zunächst gepökelt werden (mehr Infos und Hintergründe findet ihr im PÖKELMANIFEST). Und das geht so:

Zutaten pro kg Wildschweinfleisch

  • 40 g Pökelsalz
  • 5 g Zucker
  • 1 TL Wacholderbeeren
  • 2 Lorbeerblätter
  • 1 EL Knoblauchpulver

Zubereitung

Falls nötig wird das Fleisch (hier Schweinelachs) pariert, also von überschüssigen Sehnen und Fett befreit. Eine dünne Fettauflage (bis 5 mm) ist hierbei erlaubt bis wünschenswert. Da Salz das Fett schlechter durchdringen kann als Fleisch, dauert Pökeln dann zwar länger, aber das ist in der Sicherheit (siehe unten) einberechnet.

Messt die Zutaten für die Fleischmenge (nach dem parieren!) ab und vermischt sie gut. Gebt dann das Fleisch in einen geeigneten Behälter reibt es großzügig mit der Pökelmischung ein. Das fertig eingepökelte Fleisch wird dann in einem Folienbeutel vakuumiert, also in Eigenlake gepökelt (eine Schritt-für-Schritt-Anleitung und weitere Infos gibt’s im PÖKELMANIFEST). Die Gewürze, die nicht am Fleisch haften bleiben kommen mit in den Beutel, denn das Verhältnis aus Fleisch und Salz sollte passen

Nun heißt es warten und drehen. Das Fleisch wird in den Kühlschrank gelegt und alle 24 Stunden auf die andere Seite gedreht, damit die sich im Beutel bildende Pökellake (siehe Bild) gleichmäßig an alle Seiten des Fleischs kommen kann und es gleichmäßig durchpökelt.

Die Pökelzeit beträgt pro cm Fleischdicke einen Tag plus 1-3 Tage „Sicherheit“. D. h. eine Wildschweinnuss von 6 cm Dicke braucht 6 Tage plus 1-3 Tage Sicherheit d. h. 8-10 Tage. Die genannten Zeiten sagen aus, wann das Fleisch durchgepökelt ist. Nach meiner Erfahrung spielt es eine untergeordnete Rolle wenn ihr auch noch ein paar Tage länger pökelt. Deswegen wird der Schinken am Ende nicht salziger.


Schritt 2: Wässern und Räuchern

Da die Pökellake auf die Außenseite des Fleischs einwirkt, ist in der Randschicht auch der Salzgehalt am höchsten. Damit sich dieser gleichmäßig im zukünftigen Wildschweinschinken verteilt, wird er gewässert und kann dann später durchbrennen (mehr dazu im PÖKELMANIFEST).

Nach der berechneten Pökelzeit entnehmt ihr das Fleisch aus dem Vakuumbeutel und wascht die Pökelmischung mit kaltem Wasser ab. Gebt anschließend das Fleisch in eine große Schüssel mit frischem, kaltem Wasser wässert es darin 30-45 min. Durch das Wässern wird der Salzgehalt am Rand des Fleischs etwas abgesenkt. Eigentlich würde das Fleisch jetzt noch für einige Tage durchgebrannt werden. Nach meiner Erfahrung kann das aber auch nach dem Räuchern im Vakuum passieren, ich jedenfalls konnte noch keinen Unterschied ausmachen.

Nach dem langen Warten geht’s jetzt zur Sache. Das gepökelte und gewässerte Fleisch kann nun geräuchert werden. Ich habe mich hierbei für eine Mischung aus Eichenholzchips und Buchenspänen entschieden und räuchere den Wildschwein-Nussschinken auf dem neu in meinem Grill-Fuhrpark befindlichen El Fuego Portland Gassmoker (der Test folgt bald) bei 110 °C bis zu einer Kerntemperatur von 68 °C. Wie ihr auf eurem Grill heißräuchert, habe ich euch in einem eigenen Grundlagen-Beitrag mal zusammengeschrieben.

Benötigtes Zubehör

  • Räucherholz (z. B. Eiche, Buche)
  • evtl. Räucherbox
  • evtl. eine Wasserschale für den Grill / Smoker
  • evtl. Edelstahlschale mit Rosteinsatz

Setup

Dieser Wildschwein-Nussschinken wird heißgeräuchert (gesmoket). Dafür brauchen wir ein indirektes Setup, wie im Bild zu sehen ist. Die Brennereinstellung ist die, die ich verwende, wenn die Garraumtemperatur nicht passt, müsst ihr einfach nachregeln. Die Räucherbox wird auf dem Verdampferblech des laufenden Brenners platziert.

Setup_Smoken_110°C
Grillsetup-Schemabild zum Heißräuchern bei 110 °C

Zubereitung

Regelt den Grill auf 110 °C indirekte Hitze ein und bereitet ihn zum heißräuchern (hier hab ich erklärt, wie ihr auf eurem Grill smoken könnt) vor. Ich verkabele das Fleisch noch mit dem Maverick ET-733 Funkthermometer, damit ich Kern- und Garraumtemperatur im Blick habe.

Gepökelte Wildschweinnuss auf dem Smoker

Nun ist es soweit: Legt den Schinken auf den eingeregelten Grill bzw. Smoker und sorgt je nach Geschmack für 30 – 90 Minuten Rauch. Das kräftigere Wildschweinfleisch kann auch mehr Rauch vertragen, wenn ihr also wollt, könnt ihr nochmal Räucherholz nachlegen, wenn es zur Neige geht. Ist die angestrebte Kerntemperatur von 68 °C erreicht (hat bei mir ca. 3,5 Std gedauert), nehmt ihr den Schinken vom Grill und lasst ihn vollständig auskühlen. Das Auskühlen passiert bei mir meist über Nacht.


Fazit: Schinken aus der Wildschweinnuss

Am nächsten morgen könnt ihr dann schon die Zähne in den Schinken hauen. Er ist weich und für den niedrigen Fettgehalt erfreulich saftig. Der Geschmack ist intensiver und „wilder“ als bei Schinken vom Hausschwein. Die Rauchnote flankiert den Geschmack sanft, könnte aber für meinen Rauch liebenden Gaumen noch etwas intensiver sein. Das nächste Mal werde ich noch etwas Räucherholz nachlegen.

Fertiger, weich saftiger Wildschwein-Nussschinken mit Temperaturfühler-Loch

Das Bindegewebe zwischen den einzelnen Muskeln – im Bild in Weiß zu sehen – ist etwas zäh, Wenn ihr Scheiben runterschneidet, lässt sich das Fleisch aber gut davon lösen. Bei einem Nussschinken vom Metzger ist das aber genauso.

Einvakuumiert sollte der Wildschwein-Nussschinken mehrere Wochen haltbar sein, ihr könnt ihn so auch einfrieren, das schadet ihm nicht.

Wenn ihr das nächste mal an Wildschweinfleisch herankommt, probiert doch mal heißgeräucherten Wildschweinschinken. Es lohnt sich.

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